Die 70er Jahre: Ölkrise, Disco-Fieber, Schlaghosen, Plateau-Schuhe, ABBA´s Waterloo beim ESC, Deutschlands Fußballer gewinnen eine EM, Rosemarie Mittermaier olympisches Gold, Mohammed Ali boxt gegen Joe Frazier und das Harheimer Bürgerhaus wird eröffnet. Fast alles hat sich geändert. Ölkrise ist zu Erdgaskrise gewandelt, Discofieber ist vorbei, Schlaghosen und Plateau-Schuhe warten auf ihre Renaissance, ABBA gibt’s neu als Avatare, Gold-Rosi und Ali bleiben dagegen tot. Da bleibt noch die Frage nach dem Harheimer Bürgerhaus. Und die könnte wichtig werden. Denn auch das Harheimer Bürgerhaus kann trotz einiger Liftings nicht ewig so weiterexistieren. Auch nicht, wenn man den Kopf in den Sand steckt.
Das 1974 fertiggestellte Bürgerhaus entspricht insbesondere hinsichtlich der Wärmedämmung und des Energieverbrauchs auch nach gelegentlichen Sanierungen nicht mehr dem heutigen Stand der Technik und schon gar nicht mehr den kommenden Anforderungen des GEG (Gebäudeenergiegesetz). Wenn die Bundesregierung mit den Änderungen im GEG ernst macht, werden ab 2024 kaputte Öl- und Gasheizungen nicht mehr ersetzt werden, sondern Heizungen müssen auf regenerative Energien umstellen. Der Clou bei der Geschichte – das trifft nicht nur die eigenheimbesitzenden Normalbürger, sondern auch die sogenannte „öffentliche Hand“ zu der auch die Kommunen zählen. Konkret: geht im nächsten Jahr die Heizungsanlage im Bürgerhaus Harheim in den unreparierbaren Havarie-Modus, gehen tatsächlich dort die Lichter aus. Vielleicht für immer.
Aber wie löst man Probleme, die absehbar wie Himmelfahrt irgendwann eintreten? Richtig. Nicht durch Kopf-in-den-Sand-stecken und Besser-nicht-wissen-wollen, sondern durch Sich-Rechtzeitig-Schlau-Machen, Lösungswege erarbeiten und Entscheidungen fällen.
Harheims Grüne wollten damit starten. Damit das Bürgerhaus auch in Zukunft als Veranstaltungsort für den kleinen Stadtteil Harheim erhalten bleibt. Daher hatte die grüne Fraktion im Ortsbeirat den Etat-Antrag gestellt, der Magistrat der Stadt Frankfurt soll die erforderlichen Mittel für die energetische Sanierung des Bürgerhauses im Haushalt einstellen. Erforderliche Mittel – das ist vorab nur von fachkundigen Energieberatern zu schätzen. Aber mit 1,8 Millionen Euro müsste im Fall Harheimer Bürgerhaus schon gerechnet werden. Abzüglich natürlich der großzügigen Förderungen, die derzeit noch bereitstehen.
Interessanterweise ist im Gebäudeenergiegesetz in §4 beschrieben, dass bei solchen Sanierungen die „öffentliche Hand“ ihrer Vorbildfunktion nachkommen soll. Eine hervorragende Gelegenheit also für Frankfurts grün-dominierte Stadtregierung, in Harheim, einem der Stadtteile Frankfurts mit der höchsten Immobilien-Eigentümerquote, darzustellen, wie energetische Sanierung und die Sache mit den Wärmepumpen wirtschaftlich machbar ist. Gerade einer grünen Stadtregierung wird es schwerfallen, öffentlich zu erklären, dass die Sache mit den Wärmepumpen in vielen öffentlichen Gebäuden gar nicht funktioniert.
Den anderen Fraktionen im Harheimer Ortsbeirat war die Sache aber zu riskant. Die CDU wollte lieber erst mal vorsichtig anfragen und prüfen lassen, wie das Bürgerhaus energetisch sinnvoll saniert werden könnte. Dabei ist gerade das auch ohne Hilfe des fachkundigen Magistrats einfach beantwortbar: energetische Sanierung, Wärmepumpe, Wärmedämmung, neue Fenster und Solaranlage auf ein neues Dach. Was weiß man nach dieser Antwort mehr?
Ängstlicher noch waren die Ortsbeiräte der SPD. Der Schuss könne auch nach hinten losgehen und das Bürgerhaus Harheim damit auf die Abschussliste kommen, sollte sich herausstellen, dass eine energetische Sanierung nicht machbar oder zu teuer wäre. Gerade die sozialdemokratische Partei, die auch in der Koalition der Bundesregierung irgendwie beteiligt ist, sollte doch eigentlich wissen, dass genau diese SPD geführte Bundesregierung die Energiewende beschlossen hat. Jetzt haben die Genossen Angst vor der eigenen Courage?
Ob also das „nicht-wissen-wollen“ die bessere Strategie ist, um das Harheimer Bürgerhaus zukunftsfest und CO2-neutral für lange Zeiten zu erhalten, ist äußerst unwahrscheinlich.
CDU, SPD und BFF haben am Ende abgelehnt, die energetische Sanierung des Harheimer Bürgerhauses in den Etat zu bringen und damit eine gute Chance verpasst, die Existenz des Bürgerhauses sehr langfristig festzuschreiben.
Kurzes Gedankenspiel:
Was wird denn nun passieren, wenn im Oktober 2024 der Experte für Heizung und Lüftung feststellt, dass die Heizung defekt ist und nicht mehr ersetzt werden kann? Es ist absehbar: Das Bürgerhaus wird „vorübergehend“ geschlossen, Energieberater und Fachleute werden einen Sanierungsplan für das Bürgerhaus und eine Kostenschätzung erstellen. Dann wird frühestens im Frühjahr 2025 – vielleicht aber auch 2026, wenn der Energieberater nicht so schnell Zeit gehabt hat – die notwendige Summe in den Etat 2027 eingestellt. Im Jahr 2027 werden bei zügiger Entscheidung der Stadtverordneten die Finanzierung aufgestellt und die Förderanträge auf den Weg gebracht. Und wenn die bei zügiger Bearbeitung 2028 genehmigt sind, wird der Umbau oder der Neubau des Bürgerhauses europaweit ausgeschrieben werden. Fertigstellung: Voraussichtlich 2029 oder 2030. Wenn alles glatt läuft. Das geht ungefähr so zügig, wie Planung und Bau der Omegabrücke am Berkersheimer Bahnhof.
Sieht so Zukunftsplanung aus?
Fakten
Antrag der Grünen im OBR 14: Energetische Sanierung des Bürgerhauses Harheim