Da sitze ich vor einer Liste mit Adressen von Freunden, Bekannten und Kunden um rechtzeitig vor den Festtagen meiner gesellschaftlichen Pflicht nachzukommen: natürlich will auch ich den anderen ein schönes Weihnachtsfest, Glück, Segen, Gesundheit, Erfolg und was auch immer wünschen und mich so dezent in Erinnerung bringen. Das macht man halt so.
„Die besten Wünsche für ein gesegnetes Weihnachtsfest, viel Glück und ein friedliches und gesundes neues Jahr“. Das klingt schon mal gut, ziemlich unverbindlich aber dafür universell einsetzbar. Aber dann bleibe ich an dem „gesegnet“ hängen. Klingt das nicht etwa zu religiös? Duden meint zwar, es bedeutet „besonders schön, gut, erfreulich“, aber wissen die, die das kriegen auch? Also doch besser „Die besten Wünsche für ein besonders schönes Weihnachtsfest …“. Aber jetzt fällt mein kritisches Auge auf „Glück“. Weshalb wünscht man anderen eigentlich Glück? Weil deren eigene Skills, Fähigkeiten und Begabungen vielleicht nicht zum auskömmlichen Leben reichen? Vielleicht das Glück, beim falsch Parken, beim Griff in die Portokasse oder der Vorteilsnahme nicht erwischt zu werden? Irgendwie kommt mir Glückwünschen jetzt ziemlich bescheuert vor. Weshalb sollte jemand völlig unverdientes Glück haben? Nein, Glück wird gestrichen. Vielleicht besser „Erfolg“?
Aber was, wenn der Wunsch nun bei einer Amtsperson ankommt, die in Asylverfahren über geflüchtete Menschen entscheidet. Daumen hoch, Flüchtling darf bleiben. Daumen runter – wird abgeschoben. Der „Erfolg“ der Justizperson ist die Niederlage für Asylsuchende. Hätte ich damit nicht dem falschen Menschen Erfolg gewünscht? Schwierig. „Erfolg“ wird gestrichen.
„..ein gesundes neues Jahr ….“? Ich beginne zu Grübeln. Wenn der mit Wünschen bedachte Mensch krank ist, sollte er vielleicht besser schleunigst zum Arzt gehen. Es könnte ja was Schlimmes sein. Und außerdem: einem gesunden Menschen ein gesundes Jahr zu wünschen ist irgendwie unlogisch. Der fängt womöglich noch aus Übermut das Rauchen an. Sowas kann man nicht unterstützen. Also: „gesund“ ist gestrichen.
Da bleibt nur noch das „friedlich“. Kann ich denn ein „friedliches Jahr“ wünschen, wenn ich weiß, dass in einem der größten Länder Europas ein Krieg tobt und der Präsident des einen Landes meint, es wäre eine geile Idee, das andere Land zu überfallen und der Zivilbevölkerung im Winter die Energieversorgung und die Heizungen kaputtzuballern? Oder wenn ich weiß, dass anderswo Frauen ohne Kopftuch ihr Leben riskieren. Und dann gibt’s da noch das kleine Land am Hindukusch, in dem Frauen – egal ob mit oder ohne Kopftuch – von der Bildung ausgeschlossen werden. Wahrscheinlich können die Taliban nicht ertragen, dass viele Frauen intelligenter als sie selbst sind.
Also jetzt nochmal ein Versuch:
„Die besten Wünsche für ein besonders schönes Weihnachtsfest und Frau, Leben, Freiheit“.
So, dabei bleibts aber jetzt.
mit nachdenklichen Grüßen
Helmut Seuffert
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