Entschuldigung, liebe Frankfurter*innen. Dieses Plakat werden Nicht-Harheimer*innen nicht verstehen können. Wir von der Jury wären schon glücklich, die Harheimer*innen würden es bis zur letzten Konsequenz verstehen.
Die stilistische Minimalistik mit leichten Anleihen aus der naiven Kunst macht dieses Plakat sofort sympathisch. Niemand droht mit Drama, Sperrstunde oder Weltuntergang. Links ein Fahrrad, rechts ein Auto (oho, mit WLAN) und in der Mitte die S-Bahn zeigen treffend das kleine paradiesische Harheim mit den niedlichen Barbie-Problemen, wo die kleine, heile Welt grundsätzlich noch in Ordnung ist.
Dass zwei Worte auch leicht zwei Deutungen haben können, war den Gestaltern der Botschaft möglicherweise bewusst. Harheim verbinden? Aua, was ist denn passiert? Tut´s weh? Komm, wir machen ein Pflaster drauf und pusten mal.
Wahrscheinlich ist also doch gemeint, Harheim mit dem Rest der Welt zu verbinden. Mit Frankfurt, mit dem Nachbarstadtteil Berkersheim, mit der S-Bahn.
Soweit logisch. Aber Harheim-Kenner*innen wissen: Das kleine Dorf am Rande der Großstadt ist längst verbunden. Zu Fuß, mit Fahrrad, mit Bus kommt man zur S-Bahn und nach Berkersheim. Mit dem Rad über die Schienen am beschrankten Bahnübergang, ob mit oder ohne Lasten, erreicht man Preungesheim, Eschersheim und die ganze Innenstadt schnell, stau- und emmissionsarm. Wieso also verbinden, was schon verbunden ist? Und weshalb dazu noch ein Wahlplakat aufhängen?
Wetten, auf die Lösung kommen Sie nie! Wegen dem Ausbau der Main-Weser-Bahn wird der Bahnübergang wird Ende 2021 für immer geschlossen. Dann ist Harheim nicht mehr verbunden. Schon gar nicht mehr die Radfahrer. Immerhin wird es einen Behelfssteg geben, über den Normalbürger*innen zum Bahnsteig balancieren dürfen. Menschen mit Lastenräder oder Schlaganfallpatient*innen mit dreirädrigen Fahrrädern, die gucken halt in die Röhre. Genau dann wird es soweit sein: Harheim muss wieder verbunden werden. Aber wie konnte es erst zu diesem Drama kommen? Vielleicht hat der Frankfurter Verkehrsdezernent damit zu tun. Seit 2016 weiß er, welches Drama droht. Und tut – nichts. Deswegen haben seine Parteigenoss*innen dieses Plakat gedruckt und in Harheim aufgehängt. Sie hoffen, dass der Verkehrsdezernent es liest. Einfach anrufen wäre einfacher. Aber: Keine Verbindung unter dieser Nummer.
Das Urteil unserer Jury:
Große Schnitzel in kleine Häppchen schneiden – Das verdaut man besser. Hier wird ein großes Problem verniedlicht. Das klappt hervorragend. Form (naive Kunst) und Inhalt (kleines Aua) werden auf Anhieb verstanden, wenn auch falsch. Dieses Plakat bekommt für Präsentation und Inhalt die vollen drei Punkte. Überdies eignet sich das Kunstwerk hervorragend, um nach der Wahl im Kinderzimmer aufgehängt zu werden. Sichern Sie sich besser rechtzeitig ein gut erhaltenes Exemplar.
Bei der Kategorie Ehrlichkeit ist in der Jury eine erbitterte Diskussion entstanden, ob ein Plakat, das etwas fordert, was noch existiert, aber bald abgeschafft wird, eigentlich die Kriterien der Ehrlichkeit erfüllen oder eben nicht. Mittlerweile wurden Sanitäter in den Tagungsraum gerufen, um jemand oder etwas zu verbinden. Die Diskussion dauert augenblicklich noch an und aus wie gewöhnlich gut informierten Quellen haben wir erfahren, dass die Jurymitglieder*innen beabsichtigen, die Entscheidung um weitere fünf Jahre zu verzögern.
Fehlen noch die Effectability (Wirksamkeit) Punkte. Die Jury geht davon aus, dass den Wähler*innen schwer vermittelbar ist, weshalb etwas gefordert wird, was es schon gibt. Also null Punkte. Einen Punkt bekommt das Werk jedoch dafür, dass es voraussichtlich bei der nächsten Kommunalwahl unverändert wiederverwendet werden kann, was die negative Ökobilanz der PVC-Hohlkammerplakate leicht verbessert.
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