23.02.2024 Endlich: die S6 fährt wieder. Manchmal.

S6 am Berkersheimer Bahnhof

19. Februar! der Tag auf den alle Fans von Bus- und Bahnfahren sehnsüchtig gewartet hatten. Endlich sollte die S6 nach sieben Wochen des Stillstands wieder nach Plan fahren. Auf eigenen Gleisen. Endlich sollte es wieder möglich sein, regelmäßig und nach Fahrplan pünktlich, bequem, schnell und umweltschonend zur Arbeitsstelle, zur Schule, zum Arzttermin und auch wieder zurückkommen. Fehlte eigentlich nur noch, dass die DB auch noch schönes Wetter versprochen hätte. Weshalb ist eigentlich niemand im Frankfurter Norden überrascht, dass der Relaunch der S6 nach vielen Jahren Baustelle doch nicht ganz so glatt abging, wie versprochen. Statt dem regelmäßig unregelmäßigen Takt fuhr zunächst ungefähr nur jede zweite Bahn. Also ein 30-Minuten-Takt und ein makaberer Witz kursierte am Rande des Bahndamms. Selbst Offenbach hätte einen besseren Öffentlichen Nahverkehr als Frankfurt. Aber immerhin, man muss der DB zugutehalten, dass sich die Anlaufschwierigkeiten innerhalb der ersten Woche eingependelt hatten und die Pendler*innen doch wieder häufiger ihre Arbeitsplätze pünktlich erreichen.

Direkt vom Re-Start weg hatten aber auch Harheimer Ortsbeiräte die lange S6-freie Zeit genutzt, um sich praxisbezogene Gedanken über das Reisen in neuen Zügen am Rande des Normalfalls zu machen. Die wollten erst gar nicht mit den Verbesserungsvorschlägen warten, bis im Dezember 2024 erstmals der Nach-Ausbau-Fahrplan eingeführt wird, der die neuen Gleise endlich nutzt. Da ist einmal die CDU, die als positives Ergebnis des Schienenersatzverkehrs anregte, eine Busverbindung von Nieder-Erlenbach und Harheim aus direkt zur Endhaltestelle der U5 in Preungesheim einzurichten. Und die Grünen, die beantragen, dass die Bus-Haltestelle am Berkersheimer Bahnhof zurück aus der Pampa bis direkt an die Fußgängerbrücke über die Gleise verlegt wird. Denn dann wäre für die ÖPNV-Fahrgäste aus Nieder-Erlenbach oder Harheim der Fußweg zwischen Bus und S6 rund 300 Meter kürzer, der zudem bei Schlechtwetter den Einsatz von wasser- und schlammabweisendem Schuhwerk empfehlen, da die DB in den vergangenen Jahren sich mit dem kundenfreundlichen Zustand des Fußwegs keine überbordende Mühe gegeben hatte. Wozu auch. Soviel Luxus ist in den hohen Fahrpreisen eben eingepreist. Dass ein barrierefreier, gepflegter sauberer Bahnhof oder eine Haltestelle irgendwie Teil der Visitenkarte des Unternehmens ist, hat sich bei der DB noch nicht rumgesprochen.  

Visitenkarte: Deutsche Bahn. Auf dem Weg zwischen Bus 25 und Bahnsteig.

In gar nicht so häufiger Einmütigkeit sind beide Anträge im Harheimer Ortsbeirat einstimmig angenommen worden. Die Anträge könnten jedoch – wie so oft – bei der traffiQ, bei der VGF, im Verkehrsdezernat oder im Amt für Straßenbau und Erschließung hängen bleiben, die zu den Ortsbeiratswünschen eine Stellung abgeben müssen. Auch bei viel Optimismus müsste schon ein kleines Wunder geschehen, wenn die Frage nach einer Busanbindung zur U5 nicht mit dem Hinweis auf die Buslinien 28 und 27 erledigt wird. Schließlich ist die normale Kundin bzw. der normale Kunde mit einmal Umsteigen auch an der U5 Haltestelle. Dass die Fahrtzeit nach Preungesheim zur U5 per Bus 28+27 schon mal satte 48 Minuten beträgt, das wird die Verkehrsplaner der Stadt Frankfurt nicht weiter interessieren. Da müssen die Harheimer*innen eben etwas früher aufstehen. Oder eben das eigene Auto nehmen.

Die Zurückverlegung der Bushaltestelle am Berkersheimer Bahnhof direkt an die Schienen wäre für viele Pendler morgens wie abends eine große Hilfe. Leider werden aber die Experten in Verkehrsdezernat, traffiQ und RMV gar nicht wissen, wie es vor Ort überhaupt aussieht. Nach dem wieder aktuell geltenden Fahrplan ist der Fußweg von Bus25 zur S6 offenbar erneut mit lediglich zwei Minuten angesetzt worden. Für sportliche Menschen ist das kein Problem, man muss diese Distanz lediglich mit einer Laufgeschwindigkeit von 9,6 km/h bewältigen. Der „normale“ Fahrgast, der auf den ÖPNV angewiesen ist, ist aber auf solche sportlich ambitionierten Leistungen nicht eingerichtet und es ist auch nicht jederfraus Sache, abends bei der Fahrt in die Oper mit highheels zu joggen. Aber auch schon bei der baustellenbedingten Verlegung der 25er-Haltestelle weg von den Schienen hin zu einem Ort, der für Fremde erst mal mit dem Navi gesucht werden muss, ist besonders die traffiQ nicht gerade mit lokaler Vor-Ort-Sachkenntnis aufgefallen.

Hier hält der Bus. Die S6 fährt 300 Meter weiter.

Einfacher noch wird aber die Ablehnung sich darauf beziehen, dass die weit vom S6-Bahnsteig entfernte Bushaltestelle doch nur „vorübergehend“ dort eingerichtet ist. Sobald die Omega-Brücke und die Fußgängerbrücke gebaut sind, wird die Haltestelle ohnehin an einen viel günstigeren Ort verlegt. Wann aber diese Brücken fertig sind, das vermag immer noch niemand zu sagen. Seit dem Jahr 2014, also seit vollen zehn Jahren, wissen alle Beteiligten, dass für die Omega-Brücke ein Planfeststellungsverfahren erforderlich ist. Sowas dauert. Für gut informierte Verkehrsplaner heißt also in diesem Zusammenhang „vorübergehend“ so was ähnlich konkretes wie „vielleicht in etwa acht Jahren“. Also werden auch hier wahrscheinlich noch etwa 8 Jahre lang Pendler*innen jährlich 128 Kilometer zwischen Bus25 und S6 laufen müssen, um täglich ihre Arbeitsstelle aufzusuchen. Sehen Sie´s positiv. Die Frankfurter Verkehrsplaner wollen Sie motivieren, für den nächsten olympischen Marathon zu trainieren.

Aber vielleicht geschehen tatsächlich noch Wunder. Und beherzte Nahverkehrsplaner denken im Sinne der Bus- und Bahnnutzer am Stadtrand der Frankfurter Metropole.

Fakten:
Antrag von B90/Die Grünen, OF 170/14:
Rückverlegung der 25er Bushaltestelle nach Wiedereröffnung der S6

Antrag der CDU, OF 171/14:
Busverbindung Harheim – Preungesheim

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar