07.04.2024:  Verspäteter Aprilscherz? Schnapsidee? On-Demand-Bus KNUT soll reguläre Buslinien ersetzen.

Aufpreispflichtiger KNUT statt Bus?

Fette Headline in der Zeitung. „Aus für Rufbus Knut verhindern“. Das fängt ja gut an, denkt die Harheimer Leserschaft, und liest gespannt weiter. Dann kommt der Knaller: Frankfurts Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) will die regulären Buslinien 28, 29, 39 und 63 im Frankfurter Norden in der Zeit von 18 Uhr bis 6 Uhr einstellen und diesen Teil des öffentlichen Nahverkehrs mit dem aufpreispflichtigen Rufbus KNUT abdecken. Oha. Den ohnehin vom Bahnausbau seit Jahren heftig gebeutelten ÖPNV-Nutzern droht neues schweres Ungemach?

Klar war, dass der Rufbus KNUT ein vom Bund finanziertes Projekt ist, das Ende 2024 ausläuft. Gut, dass der Magistrat rechtzeitig überlegt, wie das regelmäßig als Erfolg bezeichnete On-Demand-Projekt danach weiterbetrieben werden kann. Unvermeidbar, dass die Frage nach der Finanzierung entsteht.

Über die Eckdaten berichten vier Frankfurter Tagespublikationen wie gewohnt knapp und präzise. Die Fördermittel des Bundes fallen Ende des Jahres weg. Dann soll das Land Hessen dem RMV einen Betriebskostenzuschuss bezahlen.
Da das aber zusammen mit dem zusätzlichen Beförderungsentgelt der Fahrgäste im KNUT noch nicht ausreicht, um KNUTs Kosten zu decken, sieht das Finanzierungskonzept des Mobilitätsdezernenten offenbar vor, etliche Buslinien am Stadtrand nur noch eingeschränkt fahren zu lassen. Die FR schreibt: „Künftig soll KNUT täglich von 18 bis 6 Uhr unterwegs sein und … die nächtlichen Fahrten der Buslinien 28, 29, 39 und 63 ersetzen“. Ein offenbar sehr kreativer Finanzierungsvorschlag, um die Betriebskosten der in den Nebenzeiten eher schwach ausgelasteten Buslinien auf die Benutzer*innen von Bussen und Bahnen abzuwälzen. Was dieses Konzept für die ÖPNV-Fahrgäste am Rande der Stadt bedeutet, wird schnell klar. Das reguläre Verkehrsnetz im Frankfurter Tarifgebiet endet mindestens für Harheim um 18 Uhr und geht anderntags bis 6 Uhr morgens weiter. Wer in dieser Zeit mit Bus und Bahn von Frankfurt nach Harheim oder von Harheim wegwill, muss entweder den kostenpflichtigen KNUT rufen oder irgendwie zusehen, wie er weiterkommt. Die Ticketpreise bleiben trotz der Leistungskürzung auf dem gleichen hohen Niveau. (Klar, sonst lohnt sich das für den RMV oder die TraffiQ nicht).

Vielleicht bleibt der Bus25 erhalten?

Aber das ist noch nicht alles. Fahrten im Tarifgebiet Frankfurt sind auch nicht mehr nach Fahrplan oder online planbar. Denn KNUT muss vielleicht auch noch andere Fahrgäste einsammeln, die zum gleichen Ziel wollen. Zwar ist Knut meistens – nach Angaben der TraffiQ – innerhalb von 10 Minuten da. Aber eben nur meistens. Planbar ist da eine Reise mit mehrfachem Umsteigen nicht mehr, denn Sie sind nun von den anderen Mitfahrenden abhängig, die sie aber gar nicht kennen. Sie haben großes Gepäck, einen Hund, ein Fahrrad oder einen Rollator dabei? Vergessen Sie´s. Sowas kann im KNUT nur eingeschränkt mitfahren. Oder gar nicht. Versuchen Sie es also besser bei Uber oder rufen Sie ein Taxi.

Schön und lobenswert, dass sich Frankfurts Stadtregierung bemüht, den On-Demand-Bus KNUT zur Verbesserung des am Stadtrand ohnehin dünneren Mobilitätsnetz zu erhalten. Aber das vom Mobilitätsdezernent vorgeschlagene Modell kaschiert nur mühsam seinen wirklichen Daseinszweck: Ein Teil der Betriebskosten für den regulären Busverkehr im Frankfurter Norden soll auf die Bewohner dieser Stadtteile umgelegt werden. Ein klassischer Fall von „Etikettenschwindel“.

Gehts doch nur ums Geld?

Zudem bleiben viele Fragen offen. Was würde denn passieren, wenn Hessens Landesregierung den Betriebskostenzuschuss für Knut nach der nächsten Etat-Runde wieder streicht? Werden dann die Buslinien wieder ganztägig eingesetzt oder vielleicht ganz gestrichen? Sollte das Kostenüberwälzungskonzept des Mobilitätsdezernats im Fall Harheim funktionieren, wird dann ein weiteres zusätzliches Tarifgebiet für Frankfurt geschaffen? Tarifgebiet „Frankfurt Dorf“ etwa? Dann hätte man weitere Möglichkeiten, den Harheimern und Nieder-Erlenbachern gleich noch höhere Preise für die S-Bahn oder für´s Monatsticket abzuknöpfen. Kreative Betriebswirtschaft, schon klar. Um die Bürger*innen oder Kund*innen geht’s gar nicht.

Seit vielen Jahren arbeiten Harheimer Grüne und der Harheimer Ortsbeirat daran, das Frankfurter Mobilitätsnetz auch am Stadtrand so zu optimieren, dass Stadtrandbewohner*innen auf das teure eigene Auto verzichten können. Car-Sharing Angebote, schnelle und sichere Radwege, E-Ladestationen, verlässliche Busse und Bahnen. Immer wieder aber scheitern diese Ideen daran, dass für viele Entscheidungsträger der Frankfurter Politik Verkehrswende nur etwas ist, was in Frankfurts City stattfindet.  


Fakten:
Bericht der Frankfurter Rundschau „Stadt will Aus für Rufbus „Knut“ im Frankfurter Norden verhindern

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