01.04.2023:  Skandal in Harheim: Grüne verteilen im Wahlkampf gefährliche Pflanzensamen.  

Das Grauen aus der Samentüte?

Der Harheimer CDU ist es zu verdanken, dass in letzter Sekunde die Felder und Wiesen in und um Harheim vor dem Aussäen gefährlicher invasiver Pflanzensamen bewahrt werden, die die Harheimer Grünen im OB-Wahlkampf als Wahlwerbung in einen Teil der Harheimer Briefkästen geworfen hatten. In dieser Samenmischung sind nach Angaben des CDU Harheim Blogs Samen von Alexandrinerklee, Phacelia, Blaue Lupine und Serradella enthalten, allesamt nicht heimische Pflanzen, also sogenannte Neophyten, die aus Mittelamerika, aus dem Mittelmeerraum oder sogar aus Nordafrika stammen. Wild ausgesät – so warnt die Harheimer CDU – können diese Pflanzen einheimische Arten verdrängen. Gut, dass die Harheimer christdemokratischen Kommunalpolitiker rechtzeitig vor dem gefährlichen Bio-Supergau in Harheims Gärten warnen, ehe es zu spät ist und die einheimische Fauna womöglich durch heimtückisch invasive, migrantische ausländische Sorten aus dem grünen Samentütchen geradezu überwuchert oder untergraben werden.

„Neophyten“ nennt man Pflanzen, die sich mit freundlicher Unterstützung des Menschen in Gebieten etablieren, in denen sie zuvor nicht heimisch waren. Als invasiv werden Neophyten bezeichnet, wenn sie die einheimische Artenvielfalt beeinträchtigen, schädigen oder reduzieren. Aber der Anteil der invasiven Arten an allen Neophyten ist mit etwa 0,2% relativ klein. Von den Pflanzen, die so von Menschen importiert werden, geht also nur in äußerst seltenen Fällen eine Gefahr für einheimische Arten aus. Aber das Zeug zur Panikmache hat das natürlich schon. Stellen wir aber die Sache zurück vom Kopf auf die Füße: Eine Gefahr für die einheimische Pflanzenvielfalt geht viel eher vom Mensch aus, der alle Arten von Pflanzen gerne mit Stumpf und Stiel ausrottet, sofern sie nicht seiner Vorstellung von „gut“ entsprechen.

Seit Charles Darwin wissen wir, dass die Evolution in der Pflanzen- und Tierwelt das „Survival of the fittest“ ist. Die am besten angepassten Individuen setzen sich durch und überleben. Ähnlich wie bei den Menschen gibt es auch in der Pflanzen- und Tierwelt Immigration, Flucht und Vertreibung, und zwar schon seit Jahrhunderten und durch den Klimawandel bekommt diese Migration weiteren Schub. Die Vegetation Mitteleuropas ist seit Jahrhunderten durch und durch geprägt von ursprünglich nicht einheimischen Arten. Wollen wir alle nicht heimischen Tier und Pflanzenarten verhindern, ausreißen oder keulen? Dann dürften Landwirte auch keine Tomaten, keinen Mais und keine Kartoffeln anbauen. Die kommen schließlich aus Mittelamerika. Hat denn etwa der Alexandrinerklee, die Blaue Lupine und Serradella kein Blüh- und Bleiberecht auf Harheimer Boden und muss deswegen ausgerottet werden, weil sie sich in einem Grünen Samentütchen befunden haben?

Schön für Bienen und Schmetterlinge – aber wer hat schon so eine große Wiese?

Schauen wir doch mal genau hin:
Der Alexandrinerklee wird seit Jahrhunderten in Ägypten kultiviert und in Mitteleuropa seit etwa 1950 als Rotkleeersatz angebaut. Da gabs die Grünen noch gar nicht, aber den Alexandrinerklee. Der ist heute weltweit verbreitet. In Mitteleuropa liegen die bevorzugten Standorte auf Mähwiesen, Rasen, sowie an Wegrändern und Schuttplätzen. Er wird genutzt als Zwischenfrucht auf landwirtschaftlichen Flächen oder auf Wildäckern. Da brauchts die Grünen Samentütchen gar nicht – den Alexandrinerklee nutzen die heimischen Landwirte schon länger. Die Behauptung, die Pflanze würde sich nicht ausbreiten, weil sie immer untergepflügt würde, ist dabei falsch. Diese Kulturpflanzen breiten sich bei uns nicht aus, weil sie gar nicht das Potential dazu haben.  

Die Gattung Phacelia gehört zur Unterfamilie der Wasserblattgewächse und trägt auch die Trivialnahmen Bienenweide oder Bienenfreund. Warum wohl? Die Pflanze wird in Mitteleuropa häufig von Imkern als Bienenweide für Honigbienen angesät. Sie gilt als sehr ertragreiche Bienentrachtpflanze. Zusätzlich eignet sich die Phacelia gut als Gründüngungspflanze und vertreibt da möglicherweise invasiv nur die Chemiebombe Kunstdünger. Sie erhöht den Humusgehalt der Böden auf natürlichem Weg und hilft jeder Blumenwiese zu einer besseren Bodenstruktur. Die ursprüngliche Heimat der Phacelia ist Nord- und Südamerika und die Gattung ist sehr anspruchslos und trockenheitsverträglich. Auch sie kann sich in Mitteleuropa als Art aber nicht gegen heimische Arten durchsetzen.

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Blauen Lupine ist der Mittelmeerraum von Nordafrika über Israel, dem Libanon, Syrien, Türkei bis nach Bulgarien, Italien, Frankreich und der Iberischen Halbinsel. Heute ist sie in ganz Mitteleuropa zu finden. In Deutschland liegen erste Berichte über den Anbau zur Gründüngung aus dem Jahr 1682 vor, also lange vor der Gründung der Grünen Stadtteilgruppe in Harheim und lange bevor die Samentütchen der Grünen Ihren Briefkasten erreicht haben. Aber die Samen aus dem Tütchen können immerhin aktuell helfen, dass sie einen bunten Wiesengarten anlegen können, in denen sich Schmetterlinge und Bienen wohlfühlen. Denn hier blühen sie in voller Pracht und bieten unseren Bienen hervorragend Nahrung.

Dann ist möglicherweise noch die Serradella in ihrem Samentütchen. Die kommt aus dem westlichen Mittelmeerraum. Auch die ist eine alte Kulturpflanze. In einigen gemäßigten Gebieten der Welt gilt sie als Neophyt – also als eine Pflanze, die erst mit der freundlichen Mithilfe des Menschen neue Regionen besiedelt hat. Die Serradella wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aus Portugal nach Deutschland eingeführt und so langsam kriegen wir eine Ahnung, dass die CDU Harheims nicht die harmlosen Samen aus den Samentütchen der Grünen so sehr fürchten, denn diese Pflanzen sind ja schon alle hier. Sie fürchten offenbar eher, dass die bienenfreundliche Idee der Samentütchen ihren eigenen OB-Kandidaten etwas ins Hintertreffen bringen könnten, dem 10-spurige Autobahnen wichtiger sind als blühende Bienenwiesen. Haben wir eigentlich angesichts der schwindenden Artenvielfalt keine größeren Probleme als ein paar Pflanzensamen, die aus dem Mittelmeerraum stammen, und mit denen ein paar wenige Quadratmeter Wiese zur Freude der Insekten bunter gemacht wird. Besonders, da diese paar Samensorten oft schon seit Jahrhunderten unter uns leben, ohne dass es irgendjemand gestört hat. Eine Bedrohung für Bienen und die Artenvielfalt ist doch eher die Versiegelung der Grünflächen, die Monokultur auf den Äckern ohne Blühstreifen, der Einsatz von Pestiziden und das Glyphosat der Landwirte. Viel eher jedenfalls als der Alexandrinerklee, die Phacelia, die Blaue Lupine oder Serrandella. Oder hat jemand schon mal gehört, dass die Harheimer Vereinigungseiche von Neophyten aus grünen Samentütchen gekillt worden ist? Nein. Schuld daran war eine Überdosis Glyphosat. Und das war ganz sicher nicht von den Grünen. Die Harheimer Vereinigungseiche, vom CDU-Stadtbezirksverband Harheim am 3.10.1990 gepflanzt, war übrigens auch gar keine echte Deutsche, das war eine Ungarische Eiche.

Fakten
Der CDU-Harheim Blog „Das kommt uns nicht in die Tüte“

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